This image is the cover for the book Gänseliesel, Classics To Go

Gänseliesel, Classics To Go

Auszug: "Am kleinen Bach entlang, mitten durch breite Kleefelder und Kartoffeläcker, schritt ein junges Mädchen. Ein grobgeflochtener Gartenhut, eine verblichene Bandschleife als einzigen, ungraziösen Schmuck tragend, hüllte Stirn und Augen in Schatten und saß recht nachlässig auf dem schlanken Köpfchen, von welchem zwei köstlich dicke, goldblonde Flechten etwas wirr und zerzaust über den Rücken hingen. Ein schlichtes Kattunkleid rauschte steifgestärkt um die zierliche Figur, auf zwei große, derblederne Schuhe niederfallend, welche ihre wuchtigen Nägelspuren tief in dem lockeren Sandboden zurückließen. Die sonnverbrannte Hand führte ein umfangreiches Butterbrot zum Munde, langsam und behaglich, abwechselnd mit den köstlichen Herzkirschen, welche auf breitem Kohlblatt, wohlgehütet auf dem gebogenen Arm lagen. Zeitweise blieb die junge Dame stehen, blickte sinnend auf den Klee und bog mit der plumpen Schuhspitze die grünen Blätter auseinander, lange vergeblich. Endlich beugte sie sich hastig vor, so eifrig, dass die Kirschen über die Hand in den Wegsand rollten, und so interessiert, dass sie die Flüchtlinge gar nicht bemerkte. »Ein Vierblatt! Endlich!« klang es jubelnd von den Lippen, »na, Monsieur Friedel, jetzt mach’ die Augen auf! Bin ich immer noch ein Pechvogel? Hier hab’ ich’s ja, das Glück, und wenn ich’s Dir gezeigt habe, esse ich’s auf. Grete sagt, das müsse man, wenn’s wirklich Gutes bringen soll!«"

Nataly von Eschstruth

Nataly (Natalie) Auguste Karline Amalie Hermine von Eschstruth (Ehename: Nataly von Knobelsdorff-Brenkenhoff) (* 17. Mai 1860 in Hofgeismar, Kurfürstentum Hessen; † 1. Dezember 1939 in Schwerin, Mecklenburg) war eine deutsche Schriftstellerin und eine der beliebtesten Erzählerinnen der wilhelminischen Epoche. Sie schildert in ihren Unterhaltungsromanen in eingängiger Form vor allem das Leben der höfischen Gesellschaft, wie sie es aus eigener Anschauung kannte.