Auszug: "Es gibt ein Buch, vor Zeiten viel bewundert, Bei Niedrigen und Hohen wohlgelitten, Ein welterfahrener Tröster, dessen hundert Geschichtlein sanft in Ohr und Herzen glitten, In unserm höchst anständigen Jahrhundert, Verpönt indes ob allzu freier Sitten, Ein Lustwald voll der schönsten Abenteuer, Nur, wie die Sage geht, nicht ganz geheuer. Doch Stellen gibt’s in dem verrufenen Hain, Die selbst der lieben Jugend ungefährlich. Von Belladonnen sind die Wiesen rein, Der Weg für guten Wandel unbeschwerlich; Kein schnöder Faun grins’t unverschämt darein, Der strengen Mütter Aufsicht wird entbehrlich, Und lose Vögel plaudern von Geschichten, Zwar auch verliebt, doch zügellos mitnichten."
Paul Johann Ludwig Heyse, ab 1910 von Heyse (* 15. März 1830 in Berlin; † 2. April 1914 in München) war ein deutscher Schriftsteller, Dramatiker und Übersetzer. Neben vielen Gedichten schuf Heyse rund 180 Novellen, acht Romane und 68 Dramen. Heyses Biograf Erich Petzet rühmte die „Umfassenheit seiner Produktion“. Die Ausgabe der Werke, die Petzet 1924 besorgte, umfasst drei Reihen von je fünf Bänden, von denen jeder rund 700 Seiten zählt (darin sind nicht alle Werke enthalten). Der einflussreiche Münchener „Dichterfürst“. Heyse pflegte zahlreiche Freundschaften und war auch als Gastgeber berühmt. Theodor Fontane glaubte 1890, dass Heyse seiner Epoche „den Namen geben“ und ein „Heysesches Zeitalter“ dem Goetheschen folgen werde. 1910 wurde Heyse als erster deutscher Autor belletristischer Werke mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnet.