This image is the cover for the book Die Pfadfinderin, Classics To Go

Die Pfadfinderin, Classics To Go

Auszug: "Ich war den ganzen Tag einfach durch die lang gestreckten Täler gewandert, unter einem verdrossenen, bleifarbenen Herbsthimmel, zwischen dunklen, unabsehlichen Fichtenwäldern, in denen sich wenig Lebendiges regte, als hie und da ein paar schweigsame alte Leute an einem Kohlenmeiler, oder Holzknechte, die das Flößergeschäft besorgten und ebenfalls nicht redselig aufgelegt waren. Auch der Fluss, der mich Anfangs mit munterem Rauschen begleitet hatte, floss endlich träger und mürrischer, als habe er gemerkt, dass wir Zwei uns nicht verständigen konnten. So war ich froh, als er gegen Abend eine starke Biegung machte und in einen weiten, lachenden Talgrund einlenkte, wo links und rechts auf den Hängen, die in breiten Stufen hinanstiegen, helle Laubbäume im letzten Tageslichte standen und kleine Gehöfte überall zerstreut aus den Wiesen hervorsahen. Tiefer hinab schien ein großes Dorf sich um einen alten Herrensitz zu lagern, aber so von den Wipfeln der Kastanien- und Nussbäume überragt, dass selbst der Kirchturm dahinter verschwand. Die Luft, die in der feuchten Enge der Schlucht beklommen und streng gewesen war, milderte sich hier plötzlich. Es wurde mir auf einmal leicht ums Herz, und ich stand unwillkürlich still, um all das Erfreuliche, das da vor mir ausgebreitet war, erst im Ganzen zu genießen, eh’ ich es Stück für Stück in Besitz nahm."

Paul Heyse

Paul Johann Ludwig Heyse, ab 1910 von Heyse (* 15. März 1830 in Berlin; † 2. April 1914 in München) war ein deutscher Schriftsteller, Dramatiker und Übersetzer. Neben vielen Gedichten schuf Heyse rund 180 Novellen, acht Romane und 68 Dramen. Heyses Biograf Erich Petzet rühmte die „Umfassenheit seiner Produktion“. Die Ausgabe der Werke, die Petzet 1924 besorgte, umfasst drei Reihen von je fünf Bänden, von denen jeder rund 700 Seiten zählt (darin sind nicht alle Werke enthalten). Der einflussreiche Münchener „Dichterfürst“. Heyse pflegte zahlreiche Freundschaften und war auch als Gastgeber berühmt. Theodor Fontane glaubte 1890, dass Heyse seiner Epoche „den Namen geben“ und ein „Heysesches Zeitalter“ dem Goetheschen folgen werde. 1910 wurde Heyse als erster deutscher Autor belletristischer Werke mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnet.

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