This image is the cover for the book Die Witwe von Pisa, Classics To Go

Die Witwe von Pisa, Classics To Go

Auszug: "Überhaupt scheint mir, dass Sie von den italienischen Frauen eine zu günstige Meinung haben. Wieso? fragte ich. Ich habe einige Ihrer Novellen gelesen. Nun, dass diese Arrabbiatas und Anninas doch auch im Süden etwas dünner gesät sind, als der geneigte Leser sich einbildet, werden Sie selber zugeben. Beiläufig, und ganz unter uns: sind es Geschöpfe Ihrer Fantasie, oder Studien nach dem Leben? Frei nach dem lieben Herrgott, der schwerlich finden wird, dass seine Originale durch meine Bearbeitung gewonnen haben. Mag sein! Aber Sie leugnen doch nicht, dass Sie sich absichtlich immer die besten Exemplare ausgesucht haben? Da dürfen Sie sich denn nicht beklagen, wenn man Sie zu den Idealisten rechnet. Beklagen? Wie sollte ich wohl! Ich finde mich da in so guter Gesellschaft, dass ich froh bin, wenn ich darin geduldet werde. Ebenfalls im tiefsten Vertrauen, Verehrtester: Ich habe nie eine Figur zeichnen können, die nicht irgend etwas Liebenswürdiges gehabt hätte, vollends nie einen weiblichen Charakter, in den ich nicht bis zu einem gewissen Grade verliebt gewesen wäre. Was mir schon im Leben gleichgültig war, oder gar widerwärtig, warum sollte ich mich in der Poesie damit befassen? Es gibt genug andere, die es vorziehen, das Hässliche zu malen. Sehe jeder, wie er’s treibe!"

Paul Heyse

Paul Johann Ludwig Heyse, ab 1910 von Heyse (* 15. März 1830 in Berlin; † 2. April 1914 in München) war ein deutscher Schriftsteller, Dramatiker und Übersetzer. Neben vielen Gedichten schuf Heyse rund 180 Novellen, acht Romane und 68 Dramen. Heyses Biograf Erich Petzet rühmte die „Umfassenheit seiner Produktion“. Die Ausgabe der Werke, die Petzet 1924 besorgte, umfasst drei Reihen von je fünf Bänden, von denen jeder rund 700 Seiten zählt (darin sind nicht alle Werke enthalten). Der einflussreiche Münchener „Dichterfürst“. Heyse pflegte zahlreiche Freundschaften und war auch als Gastgeber berühmt. Theodor Fontane glaubte 1890, dass Heyse seiner Epoche „den Namen geben“ und ein „Heysesches Zeitalter“ dem Goetheschen folgen werde. 1910 wurde Heyse als erster deutscher Autor belletristischer Werke mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnet.

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