Auszug: "Aber es ist ja gar nicht wahr, daß die Frauen so viel Geschmack haben, wie man immer behaupten hört; es ist gar nicht wahr, daß sie so viel Schick und Erfindungsgabe in ihrer Toilette entwickeln. Das kann man jeden Tag zehnmal, kann es hundertmal bemerken, wenn man nur will. Besonders aber im Karneval, in dieser Zeit der glänzenden Gesellschaftsparaden, der Soireen, der Routs, der Diners und der großen Theaterabende. Man redet es ihnen bloß beständig vor, sie seien so raffiniert, so listenreich, so voll virtuoser Anmut, sich zu putzen. Weiß der Teufel, welch ein Charmeur, welch ein galanter Plauderer diese Fabel erfunden hat, die nun alle Männer mit umnebelten Sinnen völlig urteilslos nachbeten. Aber der Verdacht liegt nahe, jener Charmeur müsse doch irgendwie ein Provinzler gewesen sein. Nein, die meisten Frauen sind keineswegs listenreich in diesem Punkt. Ihre kleinen Toilettenkünste und -kniffe sind gewöhnlich so schnell zu durchschauen und sind von einer solchen Trivialität, daß es sich schon kaum mehr lohnt, diesen ewig wiederholten, ewig gleichen Versuchen gegenüber den Klügeren zu spielen. Sie sind nur selten raffiniert, wenn sie sich putzen. Denn sowie sie nur eine Schwäche verbergen oder einen Reiz ihres Wesens unterstreichen möchten, werden ihre Absichtlichkeiten so deutlich, liegen ihre kleinen Verlogenheiten so rührend klar am Tage, daß sie darin fast schon den unschuldigen Kindern gleichen, die beim Spielen mogeln."
Felix Salten war ein österreichischer Schriftsteller und Journalist. Er wurde am 6. September 1869 in Budapest, Ungarn, geboren und starb am 8. Oktober 1945 in Zürich, Schweiz. Salten ist am bekanntesten für sein Buch "Bambi", das die Grundlage für den gleichnamigen Disney-Film von 1942 bildete. Salten wurde als Siegmund Salzmann geboren, änderte aber später seinen Namen in Felix Salten. Er begann seine Karriere als Journalist und arbeitete für verschiedene Zeitungen und Zeitschriften in Wien. Er schrieb über eine Vielzahl von Themen, darunter Literatur, Theater, Kunst und Gesellschaft. Salten war auch ein produktiver Schriftsteller und veröffentlichte zahlreiche Romane, Erzählungen und Theaterstücke. Eines seiner bekanntesten Werke ist "Bambi. Eine Lebensgeschichte aus dem Walde" (1923), das die Geschichte eines jungen Rehkitzes erzählt, das seine Mutter verliert und in der Wildnis aufwächst. Das Buch wurde zu einem internationalen Erfolg und machte Salten weltweit bekannt. Salten schrieb auch andere Tiergeschichten, darunter "Der Hund von Florenz" (1923) und "Florian: Das Pferd des Kaisers" (1933). Sein Schreibstil zeichnete sich durch eine einfühlsame und realistische Darstellung der Tierwelt aus. Er vermenschlichte die Tiere nicht, sondern zeigte ihre natürlichen Verhaltensweisen und ihre Beziehung zur Natur. Salten war ein angesehener Schriftsteller seiner Zeit und hatte gute Kontakte zur literarischen und künstlerischen Szene in Wien. Er war mit vielen bekannten Persönlichkeiten befreundet, darunter Sigmund Freud, Arthur Schnitzler und Hugo von Hofmannsthal. Obwohl Salten vor allem für "Bambi" bekannt ist, schrieb er auch andere Werke, darunter Romane, Dramen und Essays. Er war ein vielseitiger Schriftsteller, der sich mit einer breiten Palette von Themen befasste. Salten setzte sich auch für die Rechte von Tieren ein und engagierte sich im Tierschutz. Felix Salten verbrachte seine letzten Lebensjahre in der Schweiz, wo er 1945 in Zürich verstarb. Sein literarisches Erbe lebt jedoch weiter, und seine Geschichten haben bis heute Generationen von Lesern berührt.